Es gibt Dinge, die würdest Du vermutlich nie von mir erwarten – schließlich bin ich doch dieser Erfolgsmensch, der stets gut gelaunt um die Welt fliegt und viele spannende Momente erlebt. Doch hättest Du gedacht, dass ich in meiner Jugend tiefgreifende Body Shaming-Erfahrungen gemacht habe, die mich noch heute beeinflussen? Es sind diese Tage und Momente, in denen ich nach wie vor die „Pickelfresse“ im Spiegel sehe, die knapp 130 Kilo auf die Waage bringt und mit Dehnungsstreifen am Bauch übersät ist.

Damit soll nun endgültig Schluss sein! Das ist auch der Grund, warum ich diesen Artikel schreibe. Ich möchte meine Body Shaming-Erfahrungen für mich aufarbeiten, denn sie „begrenzen“ mich. Sie lassen mich zögern, eines der Angebote anzunehmen, um als Speaker auf der Bühne zu stehen. Sie hindern mich daran, in die Kamera zu sprechen und sie zwingen mir immer wieder die Frage auf, ob ich dick aussehe, unmittelbar nachdem Freunde von mir ein Bild gemacht haben!

Mir geht es also keineswegs um Mitleid – und auch möchte ich niemanden an den Pranger stellen! Es geht um Selbstreflexion, denn wie heißt es so schön: „Wer wirklich wachsen möchte, der muss gegen sich selbst antreten und nicht gegen andere.“

Der Lauf der Dinge: Aus Akne-Mobbing wurde Isolation und Übergewicht

Angefangen hat alles während der Pubertät. Mein Hautbild hat sich anders als „normal“ entwickelt, sodass ich gerade im Gesicht mit stark aufblühender Akne zu kämpfen hatte. Ich habe unzählige Ärzte besucht und jede Menge verschiedener Hautcremes ausprobiert, doch es half nichts, ich war die „Pickelfresse“. Das Schlimmste daran war, dass ich es nicht in den Augen derer war, die mir nichts bedeuteten, sondern in den Augen von „Freunde“, mit denen ich zusammen aufgewachsen bin.

Damals wusste ich nicht mit der Situation umzugehen, sodass ich mich immer weiter zurückgezogen habe. Ich hatte keine Lust mehr Freunde zu treffen, Fußball zu spielen oder an den Wochenenden feiern zu gehen. Stattdessen habe ich mich in der Welt der Ego-Shooter-Spiele verloren und Tag und Nacht „gezockt“. Hier fragte mich niemand nach meinem Aussehen. Ganz im Gegenteil, schnell gehörte ich zu den „Top Gamern“, da ich schon immer schnell lernen und hart arbeiten konnte.

Zwar war mein Ego nun wieder hergestellt, doch hatte ich eine falsche Entscheidung getroffen und ich sollte dafür die Quittung bekommen. Nachdem ich meine Fußballschuhe endgültig an den Nagel gehangen hatte, verlor ich mich immer weiter in die Ego-Shooter-Welt und verbrachte acht bis zehn Stunden pro Tag vor dem Computer. Am Ende hat die Kombination aus schlechter Ernährung und mangelnder Bewegung dafür gesorgt, dass ich rund 130 Kilo auf die Waage gebracht habe. Das war der Tiefpunkt. Mein seelischer Tiefpunkt!

Body Shaming: Mein Körper entspricht nicht mehr dem Ideal

Weißt Du wie es sich anfühlt, wenn Du aufgrund Deines Gewichts missachtet wirst? Und sollte Dich doch jemand ansprechen, dann nur, weil man Dich fragt „was mit Deinem Gesicht passiert ist“ oder weil man Dir mitteilen möchte, „dass Du ganz schön zugelegt hast“? All das hat dafür gesorgt, dass es Tage und Momente gab, an denen ich mich gehasst habe, für die Narben in meinem Gesicht, die Dehnungsstreifen an meinen Armen und meinem Bauch sowie die Speckrollen.

Noch genau erinnere ich mich an den Tag im Jahre 2010, an dem ich nackt vor dem Spiegel im Badezimmer stand und mir geschworen habe, mich und mein Leben zu verändern. Am selben Tag habe ich meine alten Laufschuhe angezogen und bin joggen gegangen. In den darauf folgenden 275 Tagen habe ich meine Ernährung umgestellt, jede Menge Sport gemacht und in Summe fast 50 Kilo abgenommen. Außerdem habe ich in all den darauffolgenden Jahren viel über mich und meine Lebensmotive gelernt. Ich habe herausgefunden was mich antreibt, was mir gut tut und was mir Spaß macht.

Und auch, wenn ich glücklich und dankbar und mit dem Ergebnis der letzten Jahre sehr zufrieden bin, dann gibt es da diese eine Sache, die ich bis heute nicht konnte: Meinen Körper so annehmen wie er ist.

Für mehr Selbstliebe: Weg mit dem unnötigem Ballast!

Es gibt noch immer Tage, an denen ich mit Hautproblemen zu kämpfen habe. Auch gibt es immer wieder Phasen, in denen ich so etwas wie eine „Wampe“, „Plauze“ oder den berühmt berüchtigten „Bierbauch“ vor mir her trage. Doch schämen möchte ich mich dafür nicht mehr. Genauso möchte ich die Selbstzweifel, die immer wieder in mir aufkamen, wenn z. B. auf einem Foto von mir das T-Shirt unvorteilhaft fällt oder man oberkörperfrei meine „Tiger Stripes“ im Beach Club sieht, ein für alle Mal begraben.

Wie gesagt, vermutlich wirst Du Vieles in diesem Artikel nicht verstehen können. Von außen betrachtet bin ich wohlbehütet aufgewachsen, kerngesund und führe ein privilegiertes Leben. Innerlich jedoch hat mich dieses Thema mein halbes Leben beschäftigt. Das Schreiben dieser Zeilen bedeutet für mich jede Menge unnötigen Ballast abzuwerfen und meinen Körper so zu lieben wie er ist: Perfekt für mich und mein Leben!


Außerdem möchte ich mich mit diesem Artikel bei all den Menschen entschuldigen, denen ich ein Teil meines Päckchens, durch unpassende Fragen oder Bemerkungen, unbewusst habe zukommen lassen. Sei verdammt stolz auf Deinen Körper!

6 Kommentare

  1. Für mich warst du schon immer mein Bruder im Herzen ❤️ egal ob der frühere Kim oder der heutige 😊 innerlich warst du schon immer ein toller Mensch! Die „Hülle“ spielte für mich nie eine Rolle. Die Bilder im Vergleich zu sehen ist aber eeeecht heftig! Und deine Worte umfassen sicher nicht einmal annähernd die harte Arbeit und den starken Willen der dahinter steckt! Ich bin waaaaahnsinnig stolz auf dich und freue mich sehr, dass du einen Weg gefunden hast…oder findest.., auf dem du mit dir selbst glücklich bist.😊 Drück dich aus der Ferne ❤️

  2. Lieber Kim,

    Ich habe Dich kennengelernt in Deinen Azubi-Seminaren. Und erkenne Dich auf den Bildern also wieder.

    Und gleichzeitig erkenne ich den gleichen Kim auf den hippen Bildern des Jetzt wieder, denn ein guter Teil Deines Kerns war immer schon:
    Selbstbewusst, forschend, extrovertiert, zutraulich und kreativ.

    Toll, dass unser Kern immer zu erkennen ist. Und die Hülle, durchaus variieren darf.

    Schön, dass es Dich gibt. Das Beste Dir.
    Simone

  3. Hey Kim ,

    Schön das du den Ballast abwerfen kannst ich denke
    du machst vielen anderen Mut
    Bleib wie du bist und fühl dich gedrückt

    Grüße vom Schnapper

  4. Pingback: 29 Kleinigkeiten gegen Langeweile am 19.12.2021 - Meine Link-Tipps der Woche!

  5. Eine beeindruckende Reflektion und sie bestärkt meinen ersten Eindruck von Dir. All the best, Antje

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