„Mein Jung, würdest du mit mir nach Düsseldorf fahren, wenn Gretchen ihren 100. Geburtstag feiert?“, wollte Oma von mir wissen. Zwar sollte es noch zwei Jahre dauern, da Tante Greta – wie ich sie nenne – gerade erste 98 geworden war, doch natürlich habe ich ohne zu zögern zugesagt. Ich meine, wie oft bekommt man in seinem Leben die Chance, eine 100-jährige Düsseldorferin zu treffen, die zum Killepitschtrinken in der Altstadt einen ausladenden Hut, hohe Pumps sowie knallroten Lippenstift und Nagellack trägt?!

Mittlerweile waren zwei Jahre vergangen und noch immer bestimmte die Corona-Pandemie unseren Alltag. Oma hatte eine offizielle Einladung zum 100. Geburtstag von Tante Greta zu Weihnachten erhalten und wir als Familie haben sie mit einer Hotelbuchung in Zons am Rhein überrascht. Doch je näher der Geburtstag rückte, desto nervöser wurde nicht nur Oma, sondern auch ich: „Was würde passieren, wenn ich auf den letzten Metern an Corona erkranke und nicht mit Oma nach Düsseldorf fahren kann?!“

Die Anspannung war groß, schließlich hatte Oma seit mehr als zwei Jahren von Gretas 100. Geburtstag gesprochen. Außerdem war das eine dieser „Einmal-im-Leben-Chancen“, die sich nicht wiederholen lassen. Doch am Ende sollte alles klappen, sodass wir am 29. Januar 2022 gemeinsam, gesund und munter im Auto in Richtung Düsseldorf saßen…

3 Lebensweisheiten einer 100-Jährigen zwischen Killepitsch und Düsseldorfer Altbier

Die Anreise nach Düsseldorf verlief problemlos. Wir hatten also noch ein bisschen Zeit, um uns auszuruhen und für die Party schick zu machen. Jetzt war auch Oma aufgeregt, schließlich war sie in aller Herrgottsfrühe aufgestanden und sollte gleich den 100. Geburtstag einer ihrer besten Freundinnen feiern. Allein die Tatsache, dass die beiden eine 67-jährige Freundschaft verbindet, ist bemerkenswert – und das zu einer Zeit, in der es weder Smartphones noch Internet gab.

Nachdem Oma die Kneipe betreten hatte, wussten viele der anwesenden Gäste direkt Bescheid und um ehrlich zu sein, war ich zutiefst gerührt, miterleben zu dürfen, wie zwei Freundinnen sich nach all den Jahren so herzlich in die Arme schlossen. Zur späten Stunden habe ich dann selbst die Chance gehabt, um mich – zumindest für einen Augenblick – in Ruhe mit Tante Greta unterhalten zu können. Dabei wollte ich wissen, welche Lebensweisheiten sie mir mit auf den Weg geben kann:

1. Am Abend müssen sich Deine Gedanken im Einklang befinden

„Seit vielen Jahren achte ich darauf, dass sich meine positiven und negativen Gedanken im Einklang befinden“, startete Tante Greta in unser Gespräch. Es sei in Ordnung, wenn einem auch mal negative Gedanken begegnen, schließlich sei ein Gedanke erst einmal nichts weiter als ein Gedanke. Doch am Ende des Tages dürften die negativen Gedanken nicht die positiven überwiegen. Aus Sicht von Tante Greta herrscht am besten ein Gleichgewicht, sodass die Gedanken in Balance sind.

2. Sieh Dir die Welt an und reise so viel Du kannst

„In all den Jahren haben wir (Anm.: sie und ihr Mann) nie viel gehabt, aber wir haben immer probiert, so viel wie möglich von der Welt zu sehen“, erklärte mir Tante Greta während sie gemeinsam mit Oma in Erinnerungen schwelgte. „Reisen hat erst einmal nichts mit Geld zu tun, sondern damit, ob man will oder nicht“, versicherte Greta mir. „Wie oft haben wir deine Oma und deinen Opa in Hamburg und in Hechthausen besucht?“ Dabei haben die vier, wie Oma mir auf der Rückfahrt erzählte, echt verdammt viel erlebt!

3. Die wohl wichtigste Lebensweisheit: Lebe!

Am Ende blieb leider nicht mehr so viel Zeit, sodass Tante Greta die wohl wichtigste Lebensweisheit auf ein einziges Wort reduziert hat: Lebe! „Weißt du, Kim, ich habe das schon oft zu Schüler:innen gesagt: Ihr Jugendlichen solltet euch nicht immer über Dinge den Kopf zerbrechen, die ihr eh nicht beeinflussen könnt. Stattdessen solltet ihr mal wieder anfangen zu leben!“

1 Comment

  1. Wow, das ist phänomenal. 100 Jahre, das wäre noch mal so lange wie ich bereits gelebt habe. Ich hatte durch meinen Beruf damals auch mal die Ehre, eine 103 Jahre alte Person kennenlernen zu dürfen. Wann immer ich die Zeit erübrigen konnte, habe ich bei ihr gesessen und ihren Geschichten des Lebens gelauscht. Sie hatte so viel zu erzählen. Das ist schon etwa 30 Jahre her, aber ich erinnere mich gut und gerne an sie und die Geschichten.

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